OGH-Urteil über eine Notdurft am Waldesrand
Bei Unfällen während der Arbeitszeit, auf dem Weg zur Arbeit und nach Hause greift üblicherweise die gesetzlich vorgeschriebene Unfallversicherung – doch nicht immer ist klar erwiesen, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt.
Ein Lehrer einer Polizeischule wollte auf dem Heimweg einem dringenden Bedürfnis nachgeben, das sich „während der Dienstzeit im Unterricht aufgestaut“ hatte. Er hielt bei einem Wäldchen an und machte ein paar Schritte ins Gebüsch, dabei schlug ihm ein Ast ins Gesicht. Er erlitt dadurch einen bleibenden Sehverlust. Für die notwendigen therapeutischen Behandlungen und die Folgekosten seiner Verletzung musste er jedoch selbst aufkommen, da seine Verletzung nicht als Arbeitsunfall anerkannt wurde. Die Versicherungsanstalt klagte er erfolglos: Der OGH entschied, dass die Verrichtung der Notdurft nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehe.
Ob ein Unfall im ursächlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Berufstätigkeit steht, mit dieser Frage beschäftigen sich zunehmend die Gerichte. Private Tätigkeiten wie Essen oder der Gang zum WC sind nur in Ausnahmefällen abgedeckt, etwa bei mangelhafter Ausstattung betrieblicher Einrichtungen. Auch kleine Umwege oder Zwischenstopps auf dem Arbeitsweg können zum teuren Privatvergnügen werden – und Unfälle, die zu Arbeitsunfähigkeit, hohen Behandlungskosten oder ständigen Einschränkungen führen – können sogar die Existenz bedrohen.